Diskussion in Burg Brüggen

Was halten die Leute in Brüggen vom Gendern?

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Brüggen Mit Aufführung von Biltgens Beziehungsstück „Gleich ungleich Gleich“ stieß das Niederrhein-Theater in der Burg eine lebhafte Diskussion an.

Von Angela Wilms-Adrians

Als Verena Bill und Michael Koenen vom Niederrhein-Theater nach Aufführung von Raoul Biltgens Stück „Gleich ungleich Gleich“ fragten, wer Gendern für absolut nötig hält, herrschte für einen Moment Stille. Im Zögern spiegelten sich vermutlich zwiespältige Gefühle zu Wirksamkeit einer solchen Doktrin und sprachlichen Hürden. Denn gleich darauf entfachte sich im Kultursaal der Burg eine lebhafte Diskussion, die eindeutig den Wunsch nach respektvollem Umgang zwischen den Geschlechtern zeigte. Er habe das Gendern früher nie vermisst, sich aber auch immer angesprochen gefühlt. Doch er könne das Argument nachvollziehen, dass sich Frauen durch die bisher gängige Sprachpraxis zurückgesetzt fühlten, merkte ein Mann an. Wiederholt wurde hervorgehoben, es genüge nicht, Sprache zu verändern, Änderungen müssten vor allem im Kopf ankommen. „Wenn ich meine Partnerin nicht respektiere, kann ich so viel gendern, wie ich will. Dann bringt es nichts“, betonte ein Mann, nach eigenen Worten „Kind der 50er-Jahre“. Ihre 28-jährige Tochter lege viel Wert auf das Gendern, erzählte eine Frau, die von sich sagte: „Ich bin arrogant genug, dass ich mich auch so angesprochen fühle.“ Wo bleibt bei der Regelung mit dem Gendersternchen das dritte Geschlecht, wurde gefragt. Eine jüngere Frau bemängelte die neue Sprachregelung als sehr erzwungen. Das Gespräch führte zu weiteren Themen wie Muttergefühlen, Berufstätigkeit und Karriereknick, der auch Männer treffen kann, die in Elternzeit gehen. Als Koenen fragte, ob klassische Stücke rückwirkend in eine geschlechtergerechte Sprache umgewandelt werden sollten, hörte er ein entschiedenes Nein.

Er und Verena Bill hatten zuvor mit Biltgens Stück die Protagonisten Lukas und Melina von ersten Annäherungsversuchen bis hin zu unterschiedlichen Phasen einer Partnerschaft dargestellt. Es geht um das Rollenverständnis im Miteinander der Geschlechter und dessen Wandel. Mit Hilfe der Wünsch-dir-was-Fee Alexa (mit feinem Humor gesprochen von Nadine Schaub) reisen Lukas und Melina aus der Jetztzeit in die 1950er-Jahre, wo der Mann „das Sagen“ hatte, sowie in die kommenden 50er mit der Vision einer Frauenmacht. Das war witzig und provozierend mit vielen Wiedererkennungseffekten gemacht. Die Schauspieler erzählten, dass sie das Stück in Schulen aufführen. Im Publikum saßen zwei Jugendliche. Sie schwiegen und hörten zu, wie Frauen und Männer mittleren Alters sowie der Generation 60plus auf das Thema reagierten.

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